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Mietrecht und Eigentümerhaftung bei Dachlawinen
Dem Hauseigentümer obliegt die Verkehrssicherungspflicht schlechthin gegenüber allen an seinem Hausanwesen befindlichen Personen (Mieter, Besucher von Mietern) und Sachen, die durch niedergehende Schneemassen beschädigt werden können (BGH NJW 1980, 1580). In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall waren trotz ordnungsgemäßer Schneefanggitter erhebliche Schneemassen vom Dach abgerutscht, und hatten ein parkendes Fahrzeug beschädigt. Der Hauseigentümer musste für den Schaden haften.
Eine besondere Verkehrsicherungspflicht obliegt dem Eigentümer für speziell für Mieter eingerichtete und unterhaltene Parkplätze. Hier besteht die Pflicht, bei entsprechenden Witterungsbedingungen Maßnahmen zur Sicherung der abgestellten Fahrzeuge zu treffen (LG Detmold, Urteile vom 15.10.2010 – 10S 121/10).
Dies gilt uneingeschränkt für private Grundstücksteile und Verkehrsflächen (Zufahrten, Stellplätze) und besonders, wenn Das darf jedoch nicht dahingehend mißverstanden werden, dass der Eigentümer generell für jeden Schaden einer Dachlawine haftet! Eine Haftungs besteht nur bei Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch den Eigentümer – näheres dazu nachstehend:
Die Verkehrssicherungspflicht ist jeweils unterschiedlich zu beurteilen, an den Eigentümer eines Hauses in einem schneereichen Gebiet sind andere Anforderungen zu stellen, als in schneearmen Gebieten, sie richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten:
Für schneereiche Gebiete gilt:
Auf eine in diesen Gebieten allgemein bekannte und für jedermann ersichtliche Gefahr von Dachlawinen muß nicht durch besondere Warnschilder hingewiesen werden. LG Passau , Urteil vom 28. Oktober 1986, Az: 1 S 189/86. Der Anbau von Schneefanggittern ist in diesen Regionen baupolizeilich vorgeschrieben, sind die Gitter nicht vorschriftsmäßig montiert oder fehlen ganz, ergibt sich aus dieser Pflichtverletzung in aller Regel bereits eine Haftung des Hauseigentümers für Schäden durch Dachlawinen. Auch wenn eine ortspolizeiliche Vorschrift zum Anbringen von Schutzvorrichtungen gegen Schneerutschgefahr nicht existiert, so können von einem Hauseigentümer gleichwohl Sicherungsmaßnahmen gegen Dachlawinen verlangt werden, wenn besonderer Umstände vorliegen, die ein präventives Tätigwerden erforderlich machen. OLGR München 1999, 138-139. Solche Umstände können sein : die Dachneigung (ab etwa 45 Grad sind Maßnahmen in der Regel geboten), die allgemeine Schneelage, die konkreten Witterungsverhältnisse und die Verkehrsfrequenz.
Zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht ist die Aufstellung von Warnvorrichtungen in der Regel ausreichend. AG Leutkirch, Urteil vom 10. Oktober 1997, Az: 2 C 228/97 ZfSch 1998, 4-5. Jedenfalls genügt auch in schneereicheren Gebieten das Anbringen eines Schneefanggitters nicht in jedem Fall um eine Haftung des Eigentümers auszuschließen. Wenn sich nach dem Abgang einer Dachlawine oder Eisplatte herausstellt, daß diese Sicherungseinrichtung ungenügend ist, sind zusätzliche Warnbalken oder Warnschilder aufzustellen. (AG Leutkirch a.a.O.)
Für schneearme Gebiete gilt:
In sogenannten schneearmen Gebieten, wozu das Oberrheingebiet zählt, ist nur ausnahmsweise eine Verpflichtung zu vorbeugenden Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung des Abgangs von Schneelawinen oder Eisplatten von Dächern anzunehmen. OLG Düsseldorf , Urteil vom 17. Dezember 1992, Az: 13 U 87/92. Ein Pflicht zu besonderen Sicherungsmaßnahmen kann sich zB aus einer ungewöhnlichen Dachkonstruktion oder dem Bestehen außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse ergeben. LG Karlsruhe , Urteil vom 22. Januar 1999, Az: 9 S 440/98 .
Generell bedeutet das Fehlen von Schneefanggittern in solchen Regionen daher keine haftungsbegründente Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers.
Eine Pflicht zur Warnung vor Dachlawinen ist erst dann gegeben, wenn der Hauseigentümer zum Beispiel angesichts der Veränderung der Witterungslage und des Einsetzens von starkem Tauwetter Anhaltspunkte für eine Gefahrenlage hat, zum Beispiel mit dem alsbalden Niedergehen von Schneemassen an der Dachschräge zu rechnen ist. LG Karlsruhe, Urteil vom 14. November 1997, Az: 9 S 306/97, LG Detmold, Urteil v. 15.12.2010, Az 10S 121/10 (siehe auch weiter oben).
Weder der Mieter noch der Vermieter dürfen aber öffentliche Verkehrsflächen absperren oder sind dazu verpflichtet (OLG Stuttgart VersR 1973/ 356). Es muss ein deutlich sichtbares Warnschild bzw. Warnhinweis aufgestellt werden. Ferner sollte bei den Behörden sofort und dringend auf die Anordnung eines Parkverboten oder eine Sperre hingewirkt werden.
Mietrecht 08 – 2012 Mietrechtslexikon