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Mietrecht: Kinder im Mietshaus
Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 22. Januar 2003, Az: VIII ZR 244/02 sehr eindeutig und ausführlich zur Frage der Lärmbelästigung durch Wohngeräusche (Kinder) im Mietrecht geäußert:
Die normalen Wohngeräusche anderer Mieter sind danach in einem Mietshaus hinzunehmen; hierzu gehört auch üblicher Kinderlärm, die von Kindern der Mieter ausgingen. Die Üblichkeit bestimmt sich nicht nach den Ruhe- und Ordnungsvorstellungen Dritter, sondern nach den Wohn- und Lebensbedingungen sowie den Bedürfnissen der Kinder und ihrer pflegenden und erziehenden Eltern. Die Mieter haben gegenseitig keinen Unterlassungsanspruch bei üblichem Kinderlärm in Mehrfamilienhaus. AG Kassel, Urteil vom 23. April 1991, Az: 872 C 855/91; WuM 1991, 558-559.
Kein Anspruch auf Mietminderung
Zwar können grundsätzlich auch Lärmbelästigungen, gleich ob innerhalb oder außerhalb des Mietobjekts, eine Mietminderung rechtfertigen. Allerdings müssen Geräusche, die naturgemäß dem Bewegungs- und Spieldrang von kleinen Kindern entsprechen, von den übrigen Mietern eines Mehrfamilienhauses als vertragsgemäßer Gebrauch hingenommen werden. Selbst häufige und über das übliche Maß hinausgehende Lauf- und Spielgeräusche müssen grundsätzlich als sozialadäquat hingenommen werden AG Braunschweig, Urteil vom 11. Juni 1999, Az: 117 C 1270/99; LG Lübeck, 31. Januar 1984, 6 S 354/83, WuM 1989, 627 und AG Kassel, 23. April 1991, 872 C 855/91, WuM 1991, 558.
Dabei kommt es nicht auf die Ruhe- und Ordnungsvorstellungen Dritter, sondern auf die konkreten Umstände im jeweiligen Mietobjekt (Schallisolierung, Alter des Hauses, Anzahl der Mietvertragsparteien, Anzahl und Alter der Kinder, Spielmöglichkeiten innerhalb des Hauses), d.h. auf die Wohn- und Lebensbedingungen sowie die Bedürfnisse der Kinder und ihrer pflegenden und erziehenden Eltern an. AG Braunschweig, Urteil vom 11. Juni 1999, Az: 117 C 1270/99; MM 2001, 389.
Die Nutzung gemeinschaftlicher Flächen durch Kinder
Soweit die Hausordnung, die auch Bestandteil der Mietverträge über in der Wohnanlage oder dem Mietshaus vermieteten Eigentumswohnungen ist, keine andere Regelung trifft, stehen die gemeinschaftlichen Grundstücksflächen offen für das Spielen der Kinder der Hausbewohner auch mit ihren Freunden. Damit gegebene ortsübliche Geräusche können nicht unterbunden werden. Eine allgemein durch die Hausordnung beachtliche Ruhe und Ordnung und Sauberkeit bedeutet nicht, das Kinderlärm nicht zu tolerieren ist. LG Heidelberg 8. Zivilkammer, Urteil vom 23. Oktober 1996, Az: 8 S 2/96
Ist in der Hausordnung zum Mietvertrag vereinbart, daß ruhestörende Geräusche zu vermeiden sind und dass Kinder nicht auf Treppen, vor Haustüren und in Hausfluren spielen oder lärmen dürfen, hat der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch darauf, dass dieser verhindert, dass das Hofgelände einer Wohnanlage von Kindern zum Spielen benutzt wird. AG Schöneberg, Urteil vom 9. November 1988, Az: 17 C 555/88. Fundstelle: Grundeigentum 1989, 249.
Zu beachten: Nach anderer Ansicht kann der Vermieter gegenüber den Mietern sowie deren Kinder ein Verbot aussprechen, im Treppenhaus zu spielen, da es kein mitvermieteter Gegenstand ist. Dem Vermieter soll allerdings nach sicher zutreffender Ansicht des AG Charlottenburg kein Recht zu stehen, zum Schutz der anderen Mieter ein allgemeines Spielverbot für den Hof des Hauses auszusprechen. AG Charlottenburg, Urteil vom 22. Dezember 1992, Az: 14 C 473/92 ; Fundstelle. MM 1993, 185. Ein generelles Spielverbot würde eine unzumutbare Beeinträchtigung des Grundrechtes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit bedeuten.
Mieter haben im Rahmen ihres Rechts auf vertragsgemäßen Gebrauch der Gemeinschaftsanlagen auch das Recht, Spielkameraden ihrer Kinder und deren Erziehungsberechtigte auf den hauseigenen Spielplatz mitzunehmen und/oder die Kinder dort gemeinsam spielen zu lassen. AG Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 21. März 1989, Az: 14 C 327/88 ; MM 1989, Nr 10, 30
Mietrecht 05 2012 Mietrechtslexikon