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Was bedeutet „Eigenbedarf“ konkret?
Gilt keine der mietrechtlichen Ausnahmen vom Kündigungsschutz (siehe dazu >>>>besondere Mietverhältnisse), dann kann der Vermieter kann das Mietverhältnis nur kündigen, wenn er an der Kündigung ein berechtigtes Interesse hat. Er kann also nicht ohne einen vom Gesetz anerkannten Grund die Wohnung kündigen. Dieser Mieterschutz gehört zu den Kernaussagen des seit 1974 geltenden modernen Mietrechts. Das Bundesverfassungsgericht erklärte in seinem Urteil vom 26.05.1993; “ Das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne des Artikel 14 des Grundgesetzes“.
Ein berechtigtes Interesse für eine Kündigung hat der Vermieter dann, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Man nennt dies im Mietrecht auch „Eigenbedarf“ des Vermieters. Ein solches „berechtigtes Interesse“ des Vermieters kann auch dann vorliegen, wenn der Vermieter die Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die eines Familienangehörigen nutzen will (BGH, Urteil v. 26.09.2012 Az VII ZR 330/11). In dem entschiedenen Fall hatte eine Berliner Vermieter eine seiner Wohnungen mit der Begründung gekündigt, seine Ehefrau wolle dort eine Anwaltskanzlei eröffnen.
Der Vermieter, der keinen „echten“ Eigenbedarf hat, sollte nicht versuchen einen solchen zu „konstruieren“ oder zu erfinden. Wird Eigenbedarf nur vorgeschoben – besteht aber tatsächlich nicht – so ist der Vermieter grundsätzlich dem Mieter gegenüber verpflichtet, den gesamten Schaden (zum Beispiel Umzugskosten) zu bezahlen (ständige Rechtsprechung, z.B. AG Mannheim Urteil vom 23.3.2012, 9 C 452/11). Wie eine solche Schadensberechnung in einem Beispielsfall aussehen kann: >>> Schadenberechnung. Ausnahmsweise kann der Mieter nach Ansicht des AG Mannheim (Urteil vom 23.3.2012, 9 C 452/11) dann keinen Schadensersatz vom Vermieter mehr verlangen, wenn er sich zuvor mit ihm im Rahmen eines Räumungsvergleiches geeinigt hat und deshal (freiwillig) ausgezogen ist.
Wenn der Vermieter Eigenbedarf vorgibt, aber in Wirklichkeit nicht hat bezeichnet man das als >>> vorgeschobener Eigenbedarf
Zeichnet sich Eigenbedarf des Vermieters bereits bei der Vermietung ab, (typischer Fall: der Vermieter kündigt den Mietvertrag wegen Eigenbedarf bereits wenige Monate nach dem Einzug) billigt die Rechtsprechung den Mieters ebenso Kündigungsschutz zu. Die Kündigung wegen Eigenbedarf ist dann treuwidrig. Einzelheiten siehe >>> zukünftiger Eigenbedarf.
Hinweispflichten: Der Vermieter ist verpflichtet, den Mieter auf einen zwischenzeitlich eingetretenen Wegfall des Eigenbedarfs hinzuweisen. Unterlässt der Vermieter den Hinweis, macht er sich schadensersatzpflichtig (zur Berechnung sihe oben). Diese Hinweispflichtet endet bei der Gewährung einer gerichtlichen Räumungsfrist erst mit Auszug des Mieters aus der Wohnung, also keineswegs bereits nach Abschluß des gerichtlichen Verfahrens (Urteil des LG Hamburg v. 2.12.2004 – 334 S 50/04 WM 134/2005).
Der Vermieter sollte bei jeder Wohnraumkündigung einen Interessenausgleich mit dem Mieter suchen. Durch den Abschluß eines >>> Mietaufhebungsvertrag lässt Ärger vermeiden und Zeit sparen.
Wer zählt nun mietrechtlich zu den Familienangehörige bzw Angehörigen?
Familienangehörige sind zweifellos die Kinder, Eltern und Großeltern. Für Fälle, in denen eine Eigenbedarf des Vermieters zweifelhaft ist, wurde die nachstehende umfangreiche Fallsammlung zusammengetragen, die sich auf neuere Gerichtsurteile ab 1990 beschränkt. Handelt es sich um weitläufige Verwandtschaft, so wird von der Rechtsprechung immer verlangt, dass eine engere familiäre Beziehung besteht (siehe dazu die Erläuterungen jeweils bei den nachstehenden Urteilen).
Hinweis: Die Gerichte sind nur an Urteile des BGH oder BVerfG gebunden. Urteile der Amts oder Landgerichte sind für andere Gerichte nicht bindend. Jedes Gericht kann die Einzelheiten eines Falles anders bewerten usw. Die Fallsammlung kann daher nur dazu dienen, Anhaltspunkte für eine Meinungsfindung zu gewinnen.
Eigenbedarf wegen Trennung
Für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügt die ernsthafte Absicht des Vermieters, eine räumliche Trennung von seinem Ehegatten herbeizuführen und in Zukunft ohne den Ehegatten in der vermieteten Wohnung zu wohnen. Insoweit ist es auch nicht etwa erforderlich, dass die Ehegatten eine Trennung im familienrechtlichen Sinne innerhalb ihrer bisherigen Ehewohnung (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB) bereits vollzogen haben oder dass sie definitiv die Scheidung beabsichtigen. Vernünftige, nachvollziehbare Gründe für den Umzug eines Ehegatten in eine eigene Wohnung liegen schon dann vor, wenn die Ehegatten sich ernsthaft entschieden haben, sich zu trennen und ihre häusliche Gemeinschaft zumindest vorläufig aufzuheben (LG Heidelberg Urteil vom 14.12.2012, 5 S 42/12). Sie zu diesem Thema auch die Entscheidung des Ffm in der nachfolgenden Tabelle.