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Mietrecht: Ungeziefer – Befall mit Ungeziefer

    Mietrechtliche Gesichtspunkte eines Befalls mit Ungeziefer

    Ungeziefer (Beispiele: Ameisen, Kakerlaken, Spinnen usw.) stellen dann einen Mangel der Wohnung dar, wenn die Belästigungen durch die ungebetenen Gäste über eine bloße „Unannahmlichkeiten“ hinausgehen.

    Vermieterpflichten

    Der Vermieter hat dem Mieter die Wohnung in einem zur Wohnzwecken geeigneten Zustand zu überlassen und während der Vertragsdauer in diesem Zustand zu erhalten. ( § 535 S. 2 BGB) Dazu gehört es auch, die Wohnung frei von Ungeziefer zu übergeben und so auch zu erhalten.
    Es ist deshalb im Mietrecht grundsätzlich Aufgabe des Vermieters, während der Mietzeit etwa auftretendes Ungeziefer zu bekämpfen bzw. auf seine Kosten bekämpfen zu lassen.

    Folgen des Ungezieferbefalls

    Ungeziefer stellt in aller Regel mietrechtlich einen Wohnraummangel dar, der den Vermieter auch zu Schadens-ersatzleistungen an den Mieter verpflichten kann. ( siehe auch >>> Schadensersatz) Kostenersatz für Unge-zieferbekämpfungsmaßnahmen kann der Mieter nur dann fordern, wenn der Vermieter mit der Mängelbeseitigung (Schädlingsbekämpfung) im >>> Verzug ist (AG Bremen Az. 25 C 118/01).

    Führen Ungezieferbefall und fehlerhafte Schädlingsbekämpfung des Vermieters dazu, daß der Aufenthalt in der Wohnung unerträglich wird, kann die Miete bis auf „Null“ gemindert werden (AG Aachen, Urteil vom 3. Dezember 1998 , Az: 80 C 569/97). Regelmäßig ist eine Mietminderung nur möglich, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt.

    Der Vermieter ist dem Mieter gegenüber schadensersatzpflichtig, wenn er bei der Mietvertragsanbahnung verschweigt, daß die Wohnung von Schädlingen befallen ist und daß seine Schädlingsbekämpfungen erfolglos waren. Anmerkung: in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Vermieter die Wohnung zusätzlich mit „Holzwurm-EX“ behandelt. Dieses Mittel kann in Wohnräumen zu Gesundheitsschäden führen (AG Aachen a.a.O. siehe nachstehend).

    Vertragsklauseln

    Die Klausel eines Wohnraummietvertrags, wonach eine Ungezieferbekämpfung innerhalb der Wohnung Sache des Mieters ist, ist gem. § 9 AGBG unwirksam (Urteile LG Hamburg, l vom 4. 7. 2000 – 307 S 17/00 und AG Frankfurt am Main WuM 1989, 171). Ebenso unwirksam ist eine Formularklausel, nach der es Sache des Mieters ist, zu beweisen, dass der Ungezieferbefall nicht von ihm oder Personen, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, verursacht wurde. Dasselbe gilt für eine Klausel, dass der Mieter auch für Schäden durch das Beseitigen von Ungeziefer, das der Vermieter veranlasst, haftet.

    Bekämpfungskosten als Betriebskosten

    Einmalige Kosten einer Schädlingsbekämpfung kann der Vermieter nicht auf die Mieter umlegen, das es sich insoweit zwar um Kosten handelt, jedoch nicht um solche die regelmäßig also laufend für das Gebäude anfallen. (LG München I WM 2001, 245). Unter solchne nur einmalig anfallende Kosten fallen auch die Kosten für einen Feuerwehreinsatz zur Beseitung eines Wespennestes usw.

    (Mit-)Verschulden des Mieters

    Schleppt der Mieter das Ungeziefer jedoch in die Wohnung ein, oder begünstigt den Befall z.B. dadurch, dass Müll nicht aus der Wohnung entfernt wird, hat er den Befall mit Ungeziefer verursacht. Er muss in diesem Fall die Verschlechterung der Wohnung bzw. den Mangel „vertreten“ und haftet für den entstandenen Schaden bzw. die Kosten einer ordnungsgemäßen Bekämpfung des Ungeziefers.

    Bei Ungezieferbefall mit einem Vorratsschädling müssen die Mieter nachweisen, daß sie den Befall nicht zu vertreten haben, wenn bereits der erste Anschein gegen eine bauseitige Ursache entspricht. Anmerkung: Vorratsschädlinge sind solche, die vorwegend in Lebensmitteln (Vorräten) ihr Unwesen treiben. Bauseitig werden solche Schädlinge nicht eingebracht. Bei einem Neubau -Erstbezug- würde deshalb der erste Anschein dafür sprechen, dass die Schädlinge vom Mieter – meist geschieht dies unbewußt – eingeschleppt wurden (LG Hamburg 7. Zivilkammer, Urteil vom 4. Juli 2000, Az: 307 S 17/00).

    Bei Schädlingen, die nicht z.B. durch Lebensmittel eingeschleppt werden, muss der Vermieter jedoch nachweisen, dass der Mieter den Ungezieferbefall z.B. durch falsches Verhalten verursacht hat, es ist nicht Sache des Mieters den Nachweis zu erbringen, dass der Ungezieferbefall von ihm nicht verursacht wurde (AG Wedding, Urteil vom 9. Mai 1995, Az: 11 C 134/95).

    Eine Mietminderung ist möglich, jedoch nur, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt. In jedem Fall aber liegt bei einem Befall der Wohnung mit Ungeziefer eine Sachmangel der Wohnung vor. Der Vermieter ist daher mietrechtlich verpflichtet, eine Bekämpfungsmaßnahme durchzuführen zu lassen. Da häufig Umweltgifte (Insektiside) zum Einsatz kommen, sollte man die Bekämpfung unbedingt einem qualifizierten Fachbetrieb überlassen. Häufig entsteht erst durch den unsachgemäßen Einsatz von Insektiziden und anderen Giften ein wesentlich größerer Schaden bzw. eine Gesundheitsgefährdung als durch die Tiere selbst.
    Führen Ungezieferbefall und/oder eine fehlerhafte Schädlingsbekämpfung des Vermieters dazu, dass der Aufenthalt in der Wohnung unerträglich wird, ist der Mieter mietrechtlich (536 Abs. 1 BGB) von seiner Verpflichtung zur Miet-zahlung befreit.
    Fallbeispiel
    : In einem vom AG Aachen entschiedenen Fall hatte der Vermieter die mit Khaprakäfern befallene Wohnung vor dem Einzug der Mieter zusätzlich mit 10 Litern „Holzwurm-Ex“ behandelt. Dieses Mittel kann in Wohnräumen zu Gesundheitsschäden führen. Auf dem Kanister war ausdrücklich der Herstellerhinweis angebracht, dass das Mittel nicht in Wohnräumen verwendet werden dürfe.

    Sämtliche Zeugen berichteten im Prozess übereinstimmend , der Aufenthalt in der Wohnung sei nicht nur wegen der massiv verbreiteten Käfer unerträglich gewesen, sondern auch wegen des darin vorhandenen Geruchs. Zwei Zeugen berichteten, nach Aufenthalt in der Wohnung Kopfschmerzen verspürt zu haben. Eine weitere Zeugin berichtete, sie habe sich nach dem Aufenthalt in der befallenen Wohnung unwohl gefühlt und noch den ganzen Tag über Hustenreiz verspürt. Der Vermieter wurde zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, Mietzahlungen musste der Mieter nicht erbringen. (AG Aachen, Urteil vom 3. Dezember 1998 , Az: 80 C 569/97). Im umgekehrten Fall kann eine vom Mieter eigenmächtig durchgeführte unsachgemäße Schädlingsbekämpfung ebenso dazu führen, dass die Wohnung unvermietbar bzw. vorübergehend unbewohnbar wird. In diesem Fall ist Mieter dazu verpflichtet, den Schaden des Vermieters (z.B. Mietausfall, Sanierungskosten) zu ersetzen.

    siehe auch >>>> Mietminderung, Urteile, Fälle
    siehe auch >>>> Online Rechner für Mietminderung
    siehe auch >>>> Wespennest
    siehe auch >>>> Ameisen
    siehe auch >>>> Spinnen
    siehe auch >>>> Kakerlaken
    siehe auch >>>> Motten
    siehe auch >>>> Silberfische
    siehe auch >>>> Eichenprozessionsspinner -Raupenplage
    siehe auch >>>> Schwalbenwanzen

    Informationen zu weitere Insekten bitte im Hauptkatalog nachschlagen.

    Mietrecht 06 – 2015 Ungeziefer