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Wichtiges zum Thema: Schreibfehler im Mietvertrag
Ein Schreibfehler in einer Betriebskostenaufstellung, der nachträglich korrigiert wird, führt nicht zur Unwirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung bzw Betriebskostenerhöhungserklärung. AG Schöneberg, Urteil vom 28. September 1984, Az: 15 C 181/84 Quelle: Grundeigentum 1985, 419-421
Schreibfehler oder Fehler beim Ausfüllen eines formularmäßig vorgedruckten Mietvertrages sind relativ häufig. Dazu zählen auch die Fälle, in denen es die Parteien vor Unterzeichnung vergessen haben ein dafür vorgesehenes „Kästchen“ anzukreuzen, um die Rechtwirkung einer vorformulierten Klausel in Kraft zu setzen. Dieser Fall ist von Unklarheiten bei der Auslegung einer Klausel zu unterscheiden. Unklarheiten gehen immer zu Lasten des Vertragsanwenders, in diesem Fall ist das der Vermieter. Soweit die Parteien keine vom Gesstz abweichende Regelung getroffen haben, muss davon ausgegangen werden, dass die Ausgestaltung in der Regel den gesetzlichen Vorschriften überlassen wird. (BGH ZMR 68, 7)
Hat der Vertag einen Schreibfehler, so bleibt er dennoch in dieser Form, wie ihn die Parteien unterzeichnet haben in Kraft. Eine einfache „Korrektur“ des Fehlers ist ohne Zustimmung beider Vertragspartner nicht möglich. Die Korrektur eines beiderseits schriftlich abgeschlossenen Vertrages ist nur durch eine wiederrum beiderseitige übereinstimmende Erklärung möglich, die aber nicht notwendigerweise auch schriftlich sein muss. Die Partei, die sich darauf beruft, der Schreibfehler sei korrigiert worden, muss ihre Behauptung aber beweisen. Einen solchen Beweis wird sie kaum jemals mit Erfolg führen können. Dabei kommt noch hinzu, dass die überwiegende Mehrzahl aller schriftlichen Formularmietverträge eine Klausel enthält, die meist den folgenden oder einen ähnlichen Wortlaut hat: “ Alle Änderungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform“. Wenn also die Partei, die sich auf eine Korrektur beruft, keine schriftliche Änderung vorlegen kann, steht sie bereits auf völlig verlorenem Posten.
In all den Fällen, in dem eine Partei zum Beispiel das „Kreuz“ im richtigen Kästchen vergessen hat, liegt ein sogenannter verdeckter Einigungsmangel vor. In diesen Fällen kommt eine Irrtumsanfechtung (näheres unten) in Betracht (BGH NJW 61, 1668). Die Partei, die beim Ausfüllen oder Schreiben oder Unterschreiben dergestalt einem Irrtum erlegen ist, hat mithin die Möglichkeit, den Mietvertrag anzufechten ( § 119 Abs 1 BGB). Das bleibt aber in 99% aller Fälle eine rein theoretische Möglichkeit, denn die Partei, die sich auf den Irrtum beruft, muss dies auch beweisen. In den aller seltensten Fällen wird es möglich sein Hieb und Stichfest einen solchen Irrtum zu beweisen. Die Möglichkeit, dass es sich der Anfechtende nach Vertragsabschluss einfach anders überlegt hat oder ihm andere Gedanken gekommen sind, sind einfach zu gross.
Einen besonderen Einzelfall, bei dem es um einen Staffelmietvertrag ging, hat einer unserer Leser in diesem Zusammenhang an mich herangetragen: In diesem Fall enthielt der Staffelmietvertrag wie vorgeschrieben die Zeitabschnitte in denen jeweils eine bestimmte Miete zu zahlen war. Etwa in dieser Form (für die Miethöhe): vom 01.08.01-31.07.02 500 € vom 01.08.02-31.07.03 550 € vom 01.08.04-31.07.05 600 € und vom 01.08.05-31.07.06 700 €. Es handelt sich also erkennbar um einen Staffelmietvertrag bei dem jährlich die Miete steigen sollte. Die Mietstaffel läuft bis 2006, vermutlich durch ein Versehen wurde der Zeitraum 01.08.03-31.07.03 aber hinsichtlich der Miethöhe nicht definiert. In einem solchen Ausnahmefall ist der Irrtum des Vermieters offensichtlich. Das hat rechtlich zur Folge, dass er den Vertrag wegen Irrtum anfechten kann, und keine Schwierigkeiten dabei hat, seinen Irrtum nachzuweisen, die Beweislast würde sich hier umkehren, da der Vertragskontext für den Vermieter spricht. Der Mieter müsste nun seinerseits beweisen, dass der Vermieter keinem Irrtum erlegen war.
Eine solche Anfechtung ist auch möglich, wenn das Mietverhältnis bereits begonnen hat (Hille WM 84, 292). Die herrschende Meinung (BGH MDR 77,388; LG Bamberg WM 72, 119) bejaht uneingeshränkt die „normale“ Wirkung der Anfechtung. Das bedeutet, dass der Mietvertrag rückwirkend (seit Einzug) unwirksam ist. Für den Vermieter ergibt sich jedoch das Problem, dass er automatisch Kraft Gesetzes als Anfechtender Schadensersatzpflichtig wird ( § 122 BGB). Im Ergebnis wird der Mieter die bisher bezahlte Miete nicht zurückfordern können, da ein entsprechender Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung entgegensteht. Der Mieter schuldet aber z.B. keine Schönheitsreparaturen und schlimmstenfalls wird der Vermieter verpflichtet, die gesamten Umzugskosten im Wege des Schadensersatz zu ersetzen. Ist dem Mieter nicht viel an der Wohnung gelegen, wird er es darauf ankommen lassen, ob der Vermieter die Anfechtung erklärt. Dabei hat dieser freilich Fristen zu beachten (§ 121 BGB). Er muss die Anfechtung unverzüglich erklären, – was eine Überlegungsfrist von allenfals 2 Wochen ab Kenntnis von dem Irrtum bedeutet. Danach ist eine Anfechtung des Vertrages ausgeschlossen.
Mietrecht 7/2013