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Rauchverbot, Schadensersatz des Mieters wegen Rauchen, Nikotinablagerungen
Der Mieter muß grundsätzlich alle ihm überlassenen Sachen pfleglich behandeln. Die normale Abnutzung ist durch die Miete abgegolten. Der Vermieter kann allerdings die Beseitigung von Schäden verlangen, soweit diese vom Mieter verursacht wurden oder die zumindest in seiner Verantwortung liegen. Für Verunreinigungen durch „Nikotinrückstände“ kann in der Regel (zur Ausnahme siehe nachstehend) kein Schadensersatz verlangt werden, weil der Mieter durch das Rauchen in der Wohnung keine vertraglichen Pflichten verletzt hat (BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 – VIII ZR 124/055 und vom Urteil vom 6. März 2008 – Az VIII ZR 37/07). Der Mieter ist zur Nutzung des gemieteten Wohnraumes innerhalb der durch die vertraglichen Vereinbarungen gezogenen Grenzen berechtigt (§ 535 Abs.1 Satz 1 BGB). Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten (§ 538 BGB).
Liegt eine wirksame, das Rauchen in der Wohnung einschränkende Vereinbarung nicht vor, verhält sich der Mieter, der in der gemieteten Wohnung raucht und hierdurch während der Mietdauer Ablagerung verursacht, daher grundsätzlich nicht vertragswidrig (BGH, Urteile vom 28. Juni 2006 und 5. März 2008 siehe oben).
Allerdings ist der Mieter dann zu Schadensersatzleistungen (Kosten einer Grundsanierung) verpflichtet, wenn durch exzessiven Tabakkonsum Verschlechterungen der Wohnung verursacht werden, die sich nicht mehr durch Schönheitsreparaturen im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung (Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen) beseitigen lassen, sondern darüber hinausgehende Instandsetzungsarbeiten erfordern.
Dazu als Beispiel das Amtsgericht Magdeburg (Az. 17 C 3320/99) :
„Starkes Rauchen in der Mietwohnung führt im Mietrecht zur Schadensersatzpflicht, wenn dadurch die Wohnung übermäßig abgenutzt wird“.
Rund 3.000 € musste der Mieter für die Renovierung seiner Wohnung an den Vermieter bezahlen. Wände und Türen waren in einem „stark vergilbten Zustand“, wie es das Gericht ausdrückte, als der starke Raucher seine Wohnung verlassen hatte. Ein Neuanstrich und neue Tapeten genügten nicht mehr um die Nikotinspuren zu beseitigen. Die Wohnung musste komplett mit einer Reinigungslösung abgewaschen werden AG Bremerhaven, Urteil vom 12.8.2004 – 56 C 0286/02
AG Magdeburg Urteil v. 19.04.2000 – 9 C 72/00, Quelle WM 2000 S.303:
Der noch nicht ganz zwei Jahre alte Teppichboden war beim Auszug des Mieters als Folge des Rauchens so vergilbt gewesen, dass eine Reinigung keinen Erfolg brachte und ein neuer Teppichboden verlegt werden musste, um die Wohnung wieder vermietbar zu machen. Das Gericht führte aus: In diesem Fall liege keine normale vertragsgemäße Abnutzung des Bodens sondern eine Beschädigung vor, für die der Mieter schadensersatzpflichtig sei. Da der Teppichboden schon beim Einzug mehrere kleine Beschädigungen aufgewiesen hatte bezifferte das Gericht den Schadensersatzanspruch des Vermieters auf 75% der Verlegekosten.
Ebenso entschied das AG Cham Urteil v. 11.04.92 Az. 1 C 19/ 02: Nach der Renovierung schimmerten noch Nikotinflecken durch die Farbe. Der rauchende Mieter wurde zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet.
>>> siehe auch Schönheitsreparaturen
Rauchverbote im Mietvertrag
Soweit es der BGH (Urteil vom 28. Juni 2006 – VIII ZR 124/055) ohne weitere Begründung für zulässig hält, das Rauchen in der Wohnung durch Vereinbarung zu untersagen oder zu beschränken, mag dies für Individualvereinbarungen juristisch bedenkenfrei sein, nicht aber für Formularmietverträge.
Ein in einem vorformulierten Mietvertrag enthaltenes uneingeschränktes Rauchverbot ist wegen der damit verbundenen erheblichen Beschränkung der privaten Lebensführung des Mieters unwirksam (ebenso: Autor Bieber in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2008 – Verstoß und Autor Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage 2007).
Umstritten ist, ob eingeschränkte Rauchverbote, die sich bspw. nur auf geschlossene Räume, Treppenhäuser und Flure beziehen, wirksam sind.
In allen Fällen muss der Mieter – sofern eine wirksame Renovierungsverpflichtung nach dem Mietvertrag besteht – alle Nikotin und Russablagerungen in der Wohnung spätestens beim Auszug restlos beseitigen.
Anders verhält es sich nur, wenn durch das Rauchen die Rechte anderer verletzt werden. Daher kann gegenüber einem in der selben Wohnung lebenden Untermieter vom Hauptmieter ein Rauchverbot wirksam ausgesprochen werden, wenn durch das Rauchen auch in der übrigen Wohnung außerhalb des vermieteten Zimmers Belästigungen auftreten. Dies wird sich nie ganz vermeiden lassen.
Wohnung nur für „Nichtraucher“
Wird in einer Anzeige ein „Nichtraucher“ als Mieter einer Einliegerwohnung gesucht und gibt die Mieterin auf die Frage, ob sie Nichtraucherin sei, an, sie habe aufgehört, so berechtigt das gelegentliche Rauchen der Mieterin und ihrer Gäste weder zur Arglist- noch zur Irrtumsanfechtung. LG Stuttgart 16. Zivilkammer, Urteil vom 2. Juli 1992, Az: 16 S 137/92, Quelle: NJW-RR 1992, 1360-1361
Kündigung wegen Rauchen?
Ein Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf (vom 31. Juli 2013 / 24 C 1355/13) überraschend für erheblichen Presse- und Medienrummel. Der Amtsrichter hält eine Kündigung wegen starken Rauchens in einer Mietwohnung für rechtmäßig, da der Zigarettenrauch im Treppenhaus zu einer unzumutbaren und unerträglichen Geruchsbelästigung führe. Trotz verschiedener Abmahnungen habe der Mieter seine Wohnung nur unzureichend gelüftet, sodass der Zigarettenrauch in das Treppenhaus gezogen sei und dort zu besagter unzumutbaren und gesundheitsgefährdenden Geruchsbelästigung geführt habe, so die Argumente des Amtsrichters, der sich aber noch nicht einmal die Mühe gemacht hatte, die Zustände vor Ort zu besichtigen.
Dieses Urteil wurde in der Berufungsinstanz vom Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 26.06.2014 (Az.: 21 S 240/13) wie folgt bestätigt: Raucht ein Mieter in seiner Wohnung, berechtigt dies allein den Vermieter nicht zu einer Kündigung des Mietverhältnisses. Etwas anderes könne aber gelten so das Gericht, wenn der Rauch in das Treppenhaus gelangt und der rauchende Mieter es trotz mehrerer Ermahnungen seitens des Vermieters unterlässt, das Eindringen des Qualms in den Hausflur zu verhindern. Das LG Düsseldorf verurteilte den Mieter jetzt zur Räumung der Wohnung.
Nach überwiegener Ansicht der Gerichte können unzumutbare Störungen eines Mieters in den Fluren oder im Treppenhaus die Kündigung des betreffenden Mieters rechtfertigen, sofern dieser sein Verhalten trotz Abmahnung nicht ändert. Nach herrschender Ansicht gehört das Rauchen in der Wohnung selbst aber zum vertragsgemäßen Gebrauch, so auch die Ansicht des BGH (Urteile vom 28. 6. 2006 – VIII ZR 124/05 und 5. März 2008 (VIII ZR 37/07 – siehe vorstehend).
Ein Mieter, der in der gemieteten Wohnung raucht und hierdurch während der Mietdauer nicht nur Geruch sondern auch Ablagerungen verursacht, verhält sich deshalb grundsätzlich nicht vertragswidrig (BGH). Siehe vorstehend auf dieser Seite.
Das Rauchen innerhalb der Wohnung kann ebenso wenig wie früher der „Herrenbesuch nach 22:00 Uhr“ untersagt werden, der Mieter muss solche Einschränkungen seines Persönlichkeitsrechtes nicht hinnehmen (er muss aber etwaige Folgen vollständig beseitigen).
Dass durch die Ritzen der Tür und beim Öffnen Tabakrauch nach außen ins Treppenhaus dringen kann, lässt sich ebenso wenig gänzlich vermeiden wie Wohngeräusche oder Kochdämpfe. Man kann nicht gänzlich unbemerkt in einer Wohnung rauchen. Solange aber das Rauchen in der Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört, sind auch die damit verbundenen zwangsläufigen Beeinträchtigungen im Treppenhaus und in den Fluren von anderen Mietern hinzunehmen und zumutbar. Vertragswidrig verhält sich der Mieter nur, sofern eine das Rauchen in der gemieteten Wohnung untersagende oder einschränkende Vereinbarung besteht. Rauchverbote müssen allerdings individuell mit dem Mieter vereinbart werden, eine Rauverbotsklausel im vorgedruckten Mietvertrag genügt nicht.
Rauchen auf dem Balkon
Durch den Mietvertrag erlangt jeder Mieter ein Recht zum Besitz an der gemieteten Wohnung. Beeinträchtigungen des Rechtes zum Besitz muss kein Mieter hinnehmen, soweit er nicht zu einer Tolerierung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Dies ist bei allen Beeinträchtigungen, die „unwesentlich“ sind der Fall.
Die Störung eines Mieters in seinem Besitz durch den Tabakrauch eines anderen Mieters, der auf dem Balkon seiner Wohnung raucht, wird vom BGH als eine verbotene Eigenmacht eingestuft (§ 858 BGB § 858 Absatz I BGB), und zwar auch, wenn dem anderen Mieter im Verhältnis zu seinem Vermieter das Rauchen gestattet ist.
Nach dem auf den Besitzschutzanspruch (§ BGB § 862 BGB § 862 Absatz I BGB) entsprechend anzuwendenden Maßstab des § BGB § 906 BGB § 906 Absatz I 1 BGB kann der Mieter Einwirkungen durch das Rauchen eines anderen Mieters nicht verbieten, wenn sie einen verständigen Nutzer in dem Gebrauch der Mietsache nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Treten gesundheitsschädliche Immissionen durch Tabakrauch auf, so sind diese wesentliche Beeinträchtigungen, die vom Mieter nicht geduldet werden müssen. Das gilt auch im Verhältnis von Mietern untereinander.
Der Anspruch auf Unterlassen des Rauchens auf dem Balkon besteht aber nicht uneingeschränkt, weil der durch den Rauch gestörte Mieter auf das Recht des anderen Mieters Rücksicht nehmen muss, seine Wohnung vertragsgemäß zu nutzen, wozu grundsätzlich auch das Rauchen in der eigenen Wohnung gehört. Dadurch führt das immer geltende Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme im Allgemeinen zu einer – beim Rauchen skurril anmutenden – Gebrauchsregelung.
Für die Zeiten, in denen beide Mieter an einer Nutzung ihrer Balkone interessiert sind, sind dem einen Mieter Zeiträume freizuhalten, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann, während dem anderen Mieter Zeiten einzuräumen sind, in denen er auf dem Balkon rauchen darf.(BGH, Urt. v. 16.1.2015 – V ZR 110/14).
Mietrecht 06 – 2015 Mietrechtslexikon